Immer mehr Menschen konvertieren zum Islam
Neue Muslime, manche schon von den Familien entfremdet, begegnen wachsende Kritiken und Feindseligkeiten seit dem 11.09

Schreibt: Jodi Wilgoren

NEW YORK TIMES

 

BALLWIN, Montana

Seitdem sie vor sechs Monaten Muslima geworden ist, hat Angela Davis viele Sachen aufgegeben. Sie hörte auf Musik zu hören, fing an am Boden zu schlafen, schaftte ihre 100 Disney Videos weg, und tauschte ihre Porzellanfigurensammlungen gegen Poster mit den Versen aus dem Quran.

Jetzt, in Nachwirkung von den Ereignissen vom 11.09., könnte sie auch ihre Kinder verlieren.

Nachdem ihr Foto in der lokalen Zeitung am 30. September erschienen ist, hat es ihr Noch-Ehemann abgelehnt, ihre gemeinsamen Kinder, 5 und 2, nach dem Wochenendbesuch nach Hause zu bringen. Seit dem hat sie ihre Kinder nicht gesehen.

"Es ist eine Prüfung Allahs, Der sehen möchte ob ich in meinem Glauben standhaft bin." Sagt Davis 27, die den Islam in einem Chatroom entdeckte. Heute unterrichtet sie in einer islamischen Vorschule in St. Louis.

"Man sagte mir, ich solle meine Religion für meine Kinder aufgeben, aber ich mache es nicht. So sehr ich meine Kinder auch liebe, am Jüngsten Tag werden sie nicht für mich da sein."

Obwohl ihre Situation extrem ist, Davis ist eine von tausend neuen Muslimen die für ihre Identität in einer islam-feindlichen Umwelt kämpfen muss.
Einige von ihnen werden von den Freunden und Verwandten beschuldigt, sich einer Sekte angeschlossen zu haben. Viele von ihnen werden mit Auspfeifen und Herausforderungen konfrontiert.

Viele sagen, dass die Ereignisse vom 11.09. sie nur in ihrem Entschluß bestätigt haben. Shannon Staloch ist sich nicht sicher warum, aber als sie von den Entführungen hörte, holte sie ein Buch und sagte das islamische Glaubensbekenntnis auf, offiziell zum Islam ist sie 12 Tage später konvertiert.

"Sie wissen wie sich die Welt seitdem verändert hat, und dass jeder erschüttert ist?", sagt Staloch. "Ich wollte etwas Handfestes".

Mit über 6 Millionen Anhängern soll der Islam die schnellst-wachsende Religion in den USA sein. Dies ist bedingt durch Einwanderung, hohe Geburtsrate und weitverbreitete Konversion. Ein Experte bestätigt, dass ca. 25.000 Leute in den USA Jahr für Jahr Muslime werden, manche Geistliche sagen sogar, dass sich die Anzahl seit dem 11.09. vervierfacht hat.

Die Islamkenner sagen, der Islam ist besonders anziehend wegen seiner universellen Botschaft. Auch wegen des Glaubens dass jeder als Muslim geboren wurde, nennt man die Konversion - Reversion. Die Glaubensinhalte des Islam vereinigen andere Traditionen, so sind Jesus, der jüdische Patriarch Abraham und andere biblische Gestalten, im Islam hoch angesehen. Obwohl die Missionsarbeit dem Islam fremd ist, wird die Verkündung der Botschaft vom Kur'an verlangt. Der Übertritt zum Islam geschieht, im Beisein zwei Zeugen, einfach durch das Aufsagen des Glaubensbekenntnisses: " Ich bezeuge, dass nur Allah Gott ist, und dass Muhammed Sein Gesandter ist".

"Es gibt keine Kurse", sagt Khalid Yahya Blankinship, Vorsitzender des Religionausschusses an Temple University. "Es gibt keine formellen Anforderungen, und man wird nicht geprüft". Blankinship, der 1973 zum Islam konvertiert ist und der Zeuge 100 Konversionen war, fügt hinzu; "Es ist sehr wichtig, dass der Islam verbreitet wird. Der Hintergedanke ist, dass man auch andere Seelen gerettet sehen möchte."

Die überwältigende Mehrheit der Konvertiten sind Afro-Amerikaner. Sie machen einen Drittel der Muslime in den Staaten. Tausende haben zu Allah, während des Gefägnissaufenthaltes, oder während des Drogen- oder Alkoholentzuges gefunden. Unter den Konvertiten sind wenige "abgefallene" Katholiken oder "verlorene" Juden. Oft jedoch sind Menschen mit höherem Bildungsgrad zu finden, die die Moscheen besuchen.

Vielen konvertieren, weil der islamische Partner dies wünscht, ein häufiger Beweggrund bei den Konversion überhaupt.

"Ich würde nie die Religion wechseln, wenn es Rania nicht gegeben hätte", sagt David Nervani, ein Polizist in St. Louis, über seine ägyptisch-stämmige Frau.

Andere fanden zum Islam durch die Bekanntschaften an der Uni, durch die Suche in den Zeitungen über die Weltreligionen, oder durch das Internet.

Manche fühlten sich berufen. Abdullah Reda aus Reston, sagte dass die Nachricht über Susan Smith, eine Frau aus Süd-Kalifornien, die ihre Kinder ertränkt hat, ihn zum Islam brachte.

Ein 13-jähriges Mädchen aus Kalfornien, hatte eine Erscheinung als sie im Auto durch die "Red Rocks" in Arizona fuhr.
Katie Mathews, eine Studentin der St. Loius Uni, bat um ein Zeichen und kurz darauf sah sie ein Autokennzeichen mit der Aufschrift "4 ALLAH."

Vor neun Jahren war Jim Hacking in einem Jesuiten Seminar. Der Rechtsanwalt aus St. Louis, verbrachte viel Zeit im letzten Monat um den Islam zu erklären. Seine Suche begann in einem Programm der "Anonymen Übergewichtigen" und verstärkte sich als er sich mit Amany Ragab, einer Ägypterin, anfreundete. Er konvertierte am 06. Juni 1998 und am nächsten Tag machte er ihr einen Heiratsantrag. In diesem Sommer war das Ehepaar in Mekka.

"Ich habe immer daran geglaubt, dass es nur einen Gott gibt, dem nichts Ebenbürtig ist, der keinen Sohn braucht um etwas zu machen," sagt Hacking, 31. "Mit Schweinefleisch und Alkohol aufzuhören, war der einfachere Teil - ich trank nie viel aber ich mochte Schinken. Der schwierigere Teil, und damit kämpfe ich heute noch, ist es ein guter Mensch zu sein und ein gutes Leben zu führen".

Um beim gesellschaftlichen Übergang behilflich zu sein, haben die muslimischen Gemeinde in Sterling, den neuen Muslimen Mentoren zugewiesen. Andere Moscheen bieten Seminare, wie man auf arabisch betet. Web Seite wie jews-for-allah.org oder understandingislam.tripod.com haben Wörterbücher über die häufigsten islamischen Begriffe, wie man sich rituell wäscht, interaktive Spiele um arabisch zu erlernen, und Biographien der Konvertiten zugeordnet nach Herkunft und der früheren Religion.

Die grösste Herausforderung ist es die familiären Beziehungen zu unterhalten. Die Eltern sehen die Konversion oft als Verrat. Eine Web-seite bietet Tipps an, wie man es den Verwandten beibringt. "Lass sie dich nicht in die Religionsdiskussionen einziehen", heisst es dort.

Stolach, die in einer Realschule unterrichtet, sagt dass ihre Mutter ihr bei der Wahl des hijab, traditioneller Kopfhaarbedeckung, geholfen hat.
Mathews dagegen sagt, dass der Hauptgrund weshalb sie ihre Konversion hinauszögert ist, dass sie immer noch bei ihren Eltern lebt.

"Meine Mutter ist Christin und ist sehr beunruhigt", sagt sie. "Ich habe ihr über die Zeichen berichtet. Sie sagte, wie kann ich wissen dass sie nicht vom Teufel sind?"

"Der Kuran sagt, dass auf die Eltern hören muss; das Paradies liegt zu den Füssen der Mutter" ( ab dem Semikolon ist es die Aussage des Gesandten Muhammed - Anm. d. Übers. ), fügt sie hinzu. "Ich muss aber zuerst Allah gehorchen, bevor ich auf meine Mutter höre".

Am 11.09. ermahte Davis' Mutter sie, den hijab zu entfernen. Sie wollte nicht ihre Enkeln in Gefahr sehen. Davis, die von Kopf bis Fuss islamische Kleidung trägt, hat ebenso Schwierigkeiten mit ihren zwei älteren Töchtern, aus der ersten Ehe. Sie hat sie in eine islamische Schule eingeschrieben, aber die Mädchen haben gesagt, sie würden es vorziehen mit ihrem Vater zu leben.

Als der Ruf zum Nachmittagsgebet, aus der Moschee über der Davis' Klasse erschallte, stürmten die Mädchen aufs Balkon wo sie sich verbeugten und knieten wie die Profis. Sie murmelten "bismillah" ("Im Namen Allahs"), bevor sie anfingen, "astaghfirullah" ( "ich bitte Allah um Verzeihung "), nach einem Fehlverhalten.

Sie sagen, ihr Vater sagt, dass ihre Mutter dem Satan diene.

"Eine Person sagt mir ich soll Muslim sein und mein Vater sagt ich soll es nicht", sagt Krashanna Agers, 9.

"Und Ich weiss es nicht, Ich bin noch nicht erwachsen."